Die Vietnamesen geben den Ortschaften ein fröhliches Gesicht. Sie sind in den Strassen präsent mit Geschäften und den zu der Strasse hin offenen Stuben. Mehr als das halbe Familienleben findet am Strassenrand statt. Allgegenwärtig ist auch die Tradition des Teetrinkens. Tee ist ein Teil des vietnamesischen Lebens und wird überall zu jeder Gelegenheit getrunken. In jedem Geschäft, sei es ein Früchte-/Gemüsestand, Haushaltsgeschäft… unter jeder Strassenüberführung, irgendwo entlang an jeder Strasse gibt es einen kleinen Tisch mit einer Teekanne und kleinen Becherchen. Da darf sich jeder hinsetzen und Tee trinken. Daneben in einem Kessel findet sich eine Wasserpfeife, in der der mitgebrachte Tabak oder was auch immer geraucht wird.
Die Vietnamesen sind neugierig aber mit Zurückhaltung, belagern einen nicht und fragen einen erst aus, wenn man einen Schritt auf sie zu gemacht hat. Sind wir auf dem Rad wird uns sehr oft zugerufen. Spontan fröhlich erklingt ein «helo». Meist kommt es von den Kindern. Dies verleiht uns das Gefühl von Sicherheit und von Willkommen sein. Wir haben auch den Eindruck, dass die Vietnamesen sehr unmittelbar, direkt leben und mit anderen interagieren. Und da sie clever, hilfsbereit sind und gerne mal lachen, wirken sie auf uns sympathisch. Und so ist es möglich, dass wir uns ohne gemeinsamer Sprache einigermassen verständigen können. Ebenso spricht es für die Gesellschaft, dass Frauen sich selbstverständlich und selbstbewusst im Alltag bewegen. Inwieweit Frauen in der Wirtschaft und in der Politik in Führungspositionen vertreten sind, entzieht sich unserer Kenntnis.
Die Jungen insbesondere sind flink und geschäftstüchtig. Wer sich engagiert, scheint einiges errreichen zu können. Die Jungen sind voll in der digitalen Welt eingetaucht und eifrig daran Englisch zu lernen. Für eine Zunge die sich ans vietnamesisch gewohnt ist, muss die englische Aussprache sehr schwierig sein. Die Laute der beiden Sprachen sind weit voneinander entfernt. In touristischen Gebieten wissen sie auch genau welche Wünsche wir Besucher haben. Klar gibt es auch Trittbrettfahrer, die erfolgreiche Landsleute imitieren wollen, dabei aber die Kleinigkeiten übersehen, die unterscheiden, ob sich ein westlicher Tourist für das eine oder für das andere Restaurant entscheidet. Zum Beispiel wurde uns Brot und Konfitüre angeboten ohne Butter. Ich habe kein Problem damit, wenn kein westliches Frühstück angeboten würde. Wenn aber damit geworben wird und dafür kassiert wird, gehört halt die Butter mit auf das Brot.
Leider fühlen wir uns als Touristen immer mal wieder als wandelnde Dollarzeichen. Phantasiepreise werden einem entgegengeworfen, und wenn man nicht anbeisst, wenden sie sich fast verächtlich ab. Möglicherweise können sie absurd hohe Preisforderungen wegen Gesichtsverlust nicht revidieren. Wie auch immer, wir fühlen uns in diesen Situationen nicht mehr als Personen, denen respektvoll begegnet wird. Das betrifft nicht das Feilschen als solches, eine alltägliche Tätigkeit, welche die Vietnamesen lieben und geduldig beherrschen. Da hat man mit etwas Kenntnis die Möglichkeit einen fairen Preis zu erhandeln und beide Seiten sind danach zufrieden und schütteln sich die Hände.
Grundsätzlich scheinen Menschen aus allen Nationen willkommen zu sein, sogar wenn die Heimatländer vor noch nicht so langer Zeit Vietnam kontrolliert oder hier Krieg geführt haben. Wir entnehmen einzelnen Äusserungen, dass lediglich ein gespaltenes Verhältnis zu den Chinesen herrscht.
Das sind ein paar unserer Eindrücke aus Nordvietnam. Selbstverständlich gibt es “den Vietnamesen” nicht, besonders in einer Bevölkerung, welche sich aus mindestens 53 verschiedenen Ethnien zusammensetzt.