Pascale & Michel's Veloreise

Shangri-La

C610 Shangri-La

Ein mystischer Name! Dahinter verbirgt sich das gesuchte, verborgene Paradies auf Erden, was bereits in antiken Weisheiten eine Rolle spielt und von alten buddhistischen Schriften aufgegriffenen wurden. James Hilton gab diesem Gedanken in seinem Roman «lost horizon» von 1933 für die Menschen des westlichen Kulturkreises den Namen Shangri-La, ursprünglich der einfache Name eines Gebirgspasses. In der fiktiven Geschichte stranden die westlichen Passagiere eines Flugzeuges nach Entführung in einem abgeschiedenen Ort im Himalaya und werden vom Leiter eines Klosters als Novizen empfangen. Die Klosterbewohner, allesamt dem westlichen Kulturkreis entstammend, hatten sich von der Hast der Welt abgekehrt und sich hier ihre Oase geschaffen, wo sie als Hüter des menschlichen Wissens der erwarteten Apokalypse entgegensahen… Ein Gedanke der Menschen unserer Gesellschaft immer wieder faszinierte. Unweigerlich führte die Auseinandersetzung mit diesen Gedanken auch zu einer Mystifizierung des Ortes. Es könnte ja mehr als eine Phantasie sein… Das Verlangen wuchs, den Ort zu finden. Über die Jahre blieb Shangri-La das geflügelten Wort, für den Garten Eden auf Erden von jedermann. Die dem Roman gesellschaftskritischen Überlegungen wurden mehr oder weniger vergessen. Phantasten, Ideologen und Tourismusexperten durchkämmten den Himalaya nach dem richtigen Shangri-La. Indien, Tibet und China wetteiferten in der Suche der wirklichen Lokalität. Schliesslich gewann Zhongdian, das Städtchen tibetischer Kultur in Nordyunnan an der Strasse zwischen Kunming und Lhasa. 2001 wurde es offiziell als «Das Shangri-La» des Romans erkoren und wurde umgetauft.

Die Kraft des Namens blieb nicht unerspürt und es strömen seit mehreren Jahren eine Horde von chinesischen und westlichen Touristen in diese Region – und so auch wir. Im Januar 2014 wurde die Mehrheit der Altstadt durch einen Brand zerstört, ausgelöst durch eine elektrische Installation chinesischer Bauart. In chinesischer Manier wurde ein Grossteil bereits wieder aufgebaut, so dass wir hier ähnliche Zustände wie in Dali und Lijang vorgefunden haben – eine Infrastruktur ausgelegt für den chinesischen Massentourismus.
Wir haben dennoch unser eigenes “Shangri-La” in diesem Ort gefunden. Nachdem wir ein Übernachtungsangebot abgelehnt haben, weil das Zimmer mehr eine Dunkelkammer als ein Raum zum Verweilen war und dies zu hohem Preis, hat Pascale um die Ecke nach besseren Alternativen gesucht. Prompt wurde sie zu einem noch nicht offiziell eröffneten Boutique-Hotel verwiesen und hat dort eine junge, smarte Chinesin aus Beijing angetroffen. Beim ersten Anblick des Hauses hat Pascale dann etwas schüchtern unsere Preisverstellung bekundet, worauf die junge Dame meinte: ok, ihre Zimmerpreise seien normalerweise fast das doppelte, weil sie jedoch gerne Kontakt mit Reisenden pflege und das Hotel ohnehin noch nicht offen sei, sei sie mit unserem Angebot einverstanden. So haben wir während fünf Tagen eine noch nie erlebte Ruhe in China geniessen dürfen – unser eigenes Shangri-La.
Nebst einer Einladung zum Frühstück und einem Abendessen innerhalb ihres eigenen Familienkreises hat uns die junge Unternehmerin ihre bekundete Freude am Reisen mit einer Ausfahrt in das Grassland um Shangri-La bewiesen.
Wir durchfuhren eine riesige Ebene, durchsetzt mit tibetischen Siedlungen. Yaks, Pferde, Schweine und Schafe weideten im abendlichen Sonnenlicht und boten uns die besten Fotomotive. Mehrheitlich ältere Frauen in tibetischen Trachten umsorgten das Vieh oder trieben es heim. Diese Gegend strahlte eine Ruhe aus – so dass es gut James Hiltons “Shangri-La” sein könnte.