Christchurch, 4. September 2010 und dann 22. Februar 2011 – Erdbeben sind nichts Unbekanntes in Neuseeland und dennoch kommen sie stets unerwartet und gehen durch Mark und Bein. Innert Minuten verändert sich eine Stadt, die Heimat vieler für immer.
Auch in Europa wurde dies aufmerksam wahrgenommen und die Menschen wissen darüber heute noch. Wir sahen Bilder von Schutthaufen, waren erschüttert, fragten unseren Freunden wie es ihnen erginge. Aber das Erdbeben war, es war vor 4 und 5 Jahren, das Leben ging weiter und heute ist heute. Was ist heute in Christchurch? Wohl noch die eine oder andere Baustelle und viele neue Gebäude, ein neues Gesicht der Innenstadt….
Christchurch heute ist die Stadt der orangen «Hütchen» des Strassenbaus, der Strassensperren, der Kräne, der Brache. Leben in Christchurch heisst über holprige Strassen, die alle paar Wochen andere Sperren aufweisen den Weg finden durch Quartiere, die jeden Monat anders aussehen. Ganze Quartiere wurden unbewohnbar, wurden abgerissen und sind nun überwachsen. Einfahrten, Blumenbeete zeugen nur noch von früheren Wohnstätten. Leitungen, Kabel müssen über die ganze Stadt neu verlegt werden, weil die Erdverschiebungen Wellen, Brüche, Senkungen und Gräben kreiert hatte. Am Augenfälligsten sind die Veränderungen jedoch in der Innenstadt. Wo sich Gebäude Komplexe unterschiedlichster Architektur gereiht hatten, belebt mit Geschäften und Menschen fehlt scheinbar jedes 2te Haus. Die meisten Trümmer sind weggeräumt, hinterlassen Kiesplätze mit Unkraut, «Parkplätze». Einzelne Häuser warten noch auf den Abbruch. Andere hohe verlassene Häuser plangen auf den Entscheid: stehen lassen in der original Höhe aber schlechteren Qualität oder Abbruch und Neubau, was neu auf 5-7 Etagen limitiert ist. Plötzlich ein einzelnes neues Kaffee, das neue Kunsthaus, ein Einkaufszentrum. Überall spriesen auch grossflächige Stahlkonstruktionen aus dem Brachen, ich dachte erst es werden Parkhäuser, aber es ist der neu erdbebensicherere Baustil aller Gebäude von mehreren Etagen. Die «grossen» haben von den «kleinen» Geschäften alles zusammen gekauft, was sie konnten und nun wird in einem Gesamtkonzept aufgebaut. Das lässt ein zwiespältiges Gefühl.
Überall in der Innenstadt trifft man Menschen auf der Suche nach der alten und der neuen Stadt. Einheimische suchen Erinnerungen, stehen noch heute ungläubig schockiert vor dem grossen Loch, das in die Kathedrale gerissen wurde. Andere sehen Möglichkeiten zum geschäften… Besucher sind sprachlos über die viel grössere Dimension an Verwüstung, die sie vorfinden im Vergleich zu den Bildern aus den Nachrichten. Und die 185 weissen Stühle, die gegenüber der temporären Kathedrale aufgereiht wurden in Gedenken an die Menschen, die durch die Trümmer ihr Leben verloren haben, wurden ausserhalb der Stadt kaum wahrgenommen.
Das Erdbeben ist heut noch Alltag und ist noch lange nicht verdaut. Aber es gibt ihn noch den Platz, wo die verschiedensten Menschen zusammenkommen, trinken, plaudern, musizieren. Fast hätten wir ihn nicht gefunden bis wir dann doch noch den Re:Start fanden, eine gemütliche Mall aus lauter bunter Kontainer zusammengestellt. Hier können die Leute zusammensitzen und neue Ideen aushecken, neues Leben entstehen lassen.
Mut zum Durchhalten und Neuanfangen müssen wir den Menschen von Christchurch wünschen und dass die Versicherungen, Verordnungen und die grossen Fische nicht zu viel Einfluss erhalten.
Und wir müssen uns auch stets vor Augen halten, dass wir nur «Besucher» dieser Erde sind.