Kurzentschlossen änderten wir die Route aus Dali, weil die direkt nordwärts führenden Strassen zu gross und zu Verkehrsbeladen waren. Darum kehrten wir nach Süden zurück in die Neustadt und machten so einen kleinen Umweg um westlich des Cangshan Gebirges weiterzufahren. Nach der City und einem kurzen Abschnitt Baustellen-Geholper auf der altbekannten Hauptstrasse 214, wendeten wir in ein neues Tal auf der Landstrasse X084. War das schön! Diese friedliche Strasse führte uns durch ursprüngliche Dörfer mit viel Landwirtschaft. In dieser Region wurden gerade die Reissetzlinge in die frisch bewässerten und umgepflügten Felder gesetzt. Büsche blühten im Frühsommerkleid und wehten uns feine Düfte in die Nase. Vögel zwitscherten. Es war so abwechslungsreich, dass wir weder die leichte Steigung noch die Kilometer bemerkten. In einem Dorf staute sich der wenige Verkehr hoffnungslos. Wir schlängelten uns um die Fahrzeuge vor und fanden den ganz normalen Dorfmarkt und dieser beansprucht in Selbverständlichkeit die ganze Strasse. Kein Grund zur Aufregung, Chauffeure, Fahrer, Marktverkäufer – es herrschte absolute Gelassenheit. Während wir das Zimmer bezogen haben, schlachtete der Hotelbesitzer sein am Markt erstandenes Huhn vor dem Eingang. Wir genossen die Abendstimmung auf Erkundungstour in den Hintergassen und zwischen den Feldern.
Am nächsten Tag ging so herrlich weiter nur unter bewölktem Himmel. Wir sahen einen Regenguss sich zusammenbrauen, wie wir oben an einem Pass in einer Ortschaft das einzige Restaurant weit und breit erreichten. Kaum standen wir und die Velos unter dem Dach, als auch bereits ein sintflutartiger Gewitterregen einsetzte. Nach einer Stunde ebbte der Neiderschlag zu normalem Regen und wir fuhren gestärkt durch eine sehr feine Nudelsuppe weiter und erreichten das historische Shaxi wieder bei Sonnenschein. Shaxi ist ein altes Städtchen, das sein Blühte in den Jahren der Tee-Pferde-Strasse erlebte. Ähnlich der Seidenstrasse, war dies ein Netzwerk von Handelsrouten von Kunming via Lhasa nach Indien und Myanmar auf dem die Güter von tibetischen Pferdekarawanen transportiert wurden. Vornehmlich wurde Tee nach Tibet und Pferde aus dem Tibet nach China gebracht, aber auch Salz, Bronze etc. wurde gehandelt. Auch Missionare nutzen die Routen. Das noch fast intakte Altstädtchen von Shaxi mit seinen verwinkelten Pflastersteingassen lässt ein wenig den Geist jener Zeit wiederaufleben. Der Tourismus beginnt den Ort gerade zu entdecken und es gibt schon einige Gasthäuser, Restaurants und Souvenierlädelchen, aber die Häuser werden vornehmlich noch von Einheimischen wohnt. Die Individualbesucher suchen die Ruhe und überdecken den Charme noch nicht. In einem dieser alten Holzbauten mit diversen Innenhöfen fanden wir mit unseren Velos ein Zimmerchen, in dem wir die ruhigste friedlichste Nacht in China genossen.
Trotz der etwas müden, schweren Beinen am folgenden Morgen und dem verführerischen Gedanken, einfach noch einen Tag in diesem verschlafenen Nest zu verweilen, packten wir unsere Taschen und machten uns rechtzeitig auf in den sonnigen kühlen Morgen. Schlechteres Wetter war angekündigt und wir wollten lieber davor Lijiang erreichen. Die wunderbare Landschaft, ein gutes Mittagessen und Rüebli, die an der Strasse verkauft wurden, gaben uns denn auch die nötige Motivation und Kraft, um den langen und durch Baustellen wieder einmal erschwerten Weg, der über zwei Pässe und paar Gegensteigungen führte, bis nach Lijiang zu gelangen.
Ein kleiner Umweg – ein Glücksfall
- Eine chinesische Stadt
- Lijiang – UNESCO Weltkulturerbe