Im 2008/2009 hatte uns unser Wunsch ein Jahr in Neuseeland zu leben nach Wanganui verschlagen, wo der Bedarf nach ausländischen Ärzten speziell hoch war. Wanganui zeichnete sich aus als Region mit dem tiefsten ökoomischen Standard, den höchsten Sozialleistungsbezügen, sehr hoher Maoripopulation. Dies alles führte zu günstigen Haus-/Wohnpreisen und zog wiederum ähnliche Menschen an. Wir haben natürlich viele herrliche Menschen hier gefunden und die Zeit genossen, auch wenn wir zum Leben nicht Wanganui wählen würden. Auch beschäftigten uns die Kämpfe unter den hauptsächlich 2 Gangs, insofern, als dass sie gewisse Quartiere zu gewissen Zeiten unsicher machten und ich in den Diensten immer mal wieder ausrücken musste, um die Verprügelten zu versorgen. Neuseeländer reagierten jeweils erstaunt befremdet, wenn sie erfuhren, wo wir wohnten. Unser Eindruck war also zwiespältig bis negativ.
Die Reaktionen der Neuseeländer auf die Stadt Wanganui empfanden wir im 2015/2016 ähnlich, wie damals. Um so spannender war das spontant gute Gefühl des Vertrauten, das wir beim Wiedersehen empfanden. Die Stadt hat alles, was es für eine florierende Ortschaft braucht. Sie hat Geschichte, sie hat eine interessante Lage – am Meer, nahe Wellington, nahe zu den Skigebieten. Es gibt eine kompakte «Altstadt» mit Häusern aus der prosperierenden Zeit des Handels auf dem Fluss und darumherum praktisch angeordneten Quartiern. Und es gibt kulturelles Potential mit der Hochschule für Künste, der Oper mit verschiedene Events, Museen. Es wäre die perfekte Alternative zu den überpreisten, überbevölkerten Zentren. Aber wer wohnt schon in Wanganui!
Die Reputation lässt diese Entwicklung nicht zu. Noch nicht? Ist der Ruf mal beschädigt, verstärkt sich das Negative und verhindert den positiven Wandel für lange. Und er Ruf ist mit Sicherheit schlechter als was Wanganui bietet! Langsam, sehr langsam finden wir Entwicklungen in eine positivere Richtung. Entlang des zentralen Flussufers werden die «historischen» Gebäude wieder hergerichtet, es finden sich mehr Plätze zum sein, interessantere Kaffees, Restaurants… Die Operawoche und andere Events, die von engagierten Bewohnern organisiert werden, helfen ein attraktiveres Gesicht zu geben, was wiederum Leute mit Ideen und Möglichkeiten anzuziehen vermag. Wir wünschen der Stadt, dass die Menschen ihr Potential sehen und sie zu ihren Bedürfnissen wandeln, damit sie eines Tages mit Stolz sagen können, in Wanganui zu leben.