Von Lijiang bis zum Yulong National Park (Jade Dragon Snow Mountain) Verkehr. Auf Parkplatz dieser 5A Tourismusattraktion drängte sich dann auch die grösste Ansammlung von Reisecars, die wir je gesehen haben. Die Menschen strömten in langen roten oder gelben Daunenmänteln, die in diversen Läden während der Anfahrt verkauft oder vermietet worden waren, über die Anlage. Für die Expedition mit der Drahtseilbahn in die Gletscherwelt des Schneeberges von 5596 müM trugen auch viele eine Sauerstoffflasche mit sich. Inmitten der Anlage, von wo aus wir den Berg hätten sehen sollen, wären da nicht die Wolken gewesen, staunten wir nicht schlecht, wie wir in einem Glasgebäude ein Matterhornmodell entdeckten. Draussen hinter einem Holzzaun ragte ein Maiensäss empor und daneben weideten Plastikkühe – Switzerland – stand auf einem Schild. Wahrscheinlich finanziert durch Schweiztourismus und von den Chinesen mässig unterhalten. Mag dies wohl seine Wirkung entfalten!? Wir taten es den Chinesen gleich und knipsten ein Foto.
Teuer hatten wir uns die Erlaubnis zur Fahrt durch diesen Nationalpark erkauft und haben zum Glück nicht auf die Dame an der Ticketschranke gehört, die uns informierte, dass die Durchfahrt nach Daju gesperrt sei. Von einer Sperre hatten wir bisher nichts gehört und von Strassenarbeiten wollten wir uns mit unseren wendigen Velos nicht abschrecken lassen. Wir haben also auf eine Weiterfahrt insistiert. Nach dem Tourismusklamauk stoppte ein Polizist tatsächlich den Verkehr, liess nur uns auf den Fahrrädern gewähren. So kurvten wir alleine auf weiter Flur auf dem bereits gut präparierte Strassenbett durch die wunderbare Landschaft mit Sicht in tiefe abgeschiedene Täler. Wir überquerten den ersten Pass von über 3000müM. Auf der Passhöhe kündigte eine mit Gebetsfahnen behangene weisse Stupa den Anfang der tibetisch besiedelten Region an. Wenig tiefer, hoch über dem fruchtbaren verbreiterten Yangtzetal bei Daju fanden wir bei warmem Sonnenschein einen herrlichen Zeltplatz. Was für ein Genuss!
Am nächsten Tag folgte die sausende Abfahrt bis Daju. Und trotz Schildern, GPS, Beschreibungen von anderen Velofahrern und Nachfragen brauchten wir lange, um die Fähre zu finden, die uns über der Yangtze bringen würde. Es ist die alte Fähre. Die neue Fähre, wenn auch vielfach vermerkt und im Kartenmaterial enthalten, gibt es nicht (mehr). Anstelle soll seit einigen Jahren eine Brücke gebaut werden. Die Bauarbeiten haben begonnen, sehen aber aktuell eingestellt aus. Die letzten 100m hinunter zur alten Fähre sind ein Zickzackpfad und knapp befahrbar oder zu Fuss lässt sich das Velo problemlos schieben. Auf der anderen Seite hoch, bedeutet etwa 20min mühseeliges Stossen auf einer Schotterstrasse (Abladen aber nicht nötig). Von der Hauptstrasse ist es nur noch 8km bis Walnut Garden, einer kleinen Siedlung zwischen unterem und mittlerem Abschnitt der bekannten Tiger Sprung Schlucht, eine der tiefsten Schluchten der Welt. Durch diese enge Felsschlucht zwängt sich der junge Yangtze. Wieder kostete das ledigliche Passieren der Strasse eine ungeheure Gebühr, welche die Provinz einsackt, ohne dass die lokalen Bewohner, welche Wege und Stege unterhalten, Restaurants und Gasthäuser bewirtschaften, irgendwas davon sehen. Und erneut fliesst kein Rappen in den Umweltschutz, einer nun wirklich erhaltenswerten einzigartigen Gegend. Wir teilten den Frust mit dem Gasthausbesitzer und liessen uns dennoch von der Natur beeindrucken.
Die folgenden zwei Tage waren geprägt von Kurven über stets höher werdende Pässe, dramatisch abfallenden Talschaften, kleinen Ortschaften wie Haba und Baishuitai. Blumen säumten den Strassenrand und die Wiesen; Kiefern und sogar Tannen wuchsen in den Wäldern. Oberhalb 3100m blühten Rhododendren in Weiss und zartem Rosa zwischen den Nadelbäumen. Die Landschaft begeisterte uns immer wieder von Neuem. Leider war es eher etwas grau und feucht. So auch am dritten Tag auf unserem bisher höchsten Pass von über 3700müM. Hier erreichten wir den Anfang des tibetischen Plateaus und die folgenden Täler breiteten sich zu Hochtäler mit Graslandschaften aus, gesäumt von lieblichen Bergen mit Nadelwäldern. Die grossen beigen Häusern im tibetischen Stil standen in Gruppen im Talboden und als Ganzes hatten wir den Eindruck durch das Engadin zu fahren. Sonne und Regenschauer wechselten sich im Viertelstundentackt bis wir Shangri-La erreichten – ein würdiges Ziel für eine Verschnaufpause.