Wir sind froh, dass wir uns entschieden hatten, den gebirgigeren Norden des Landes zu bereisen. In den Bergen findet sich immer wieder Linderung von der feuchten Hitze. Abends hat es seit fast einer Woche nun auch stets heftige andauernde Gewitter gegeben, die abkühlen und zu Stromausfällen führen. Tagsüber blitzte und schüttete es wie aus Kübelns bisher einmal. Zum Glück fanden wir genau rechtzeitig Unterschlupf in einem kleinen sich noch im Bau befindenden Gebäude. Das sind die ersten Anzeichen vom Monsun, der uns wahrscheinlich noch einige Male erwischen wird.
Dafür mussten unsere Beine mehr arbeiten, ging es doch ziemlich rauf und runter. Von Bac Ha sausten wir die 800m runter nach Lao Cai, einer schon chinesisch anmutenden Grenzstadt (Vietnam/China). Tags drauf kletterten wir wieder hoch nach Sa Pa auf 1600müM. Nach einem Pass von 1900müM sausten wir über unzählige Kurven durch ein abgeschiedenes eindrückliches Tal 1600m abwärts nach Tam Duong, einem verschlafenen Nest, in welchem wir dank meinen hervorragenden Vietnamesisch Kenntnissen fast nur trockenen frittierten Reis zum Z’nacht bekamen. Einige Pässe brachten uns in die spannende Gegend von Lai Chau’s Karstgebirge, bevor wir steile dschungelartig bewaldete Talschaften um den Na Fluss in der Muong Region mit seinen Wasserkraftwerken erreichten. Auf dem weiteren Weg nach Dien Bien Phu wurden die Täler etwas kleiner, mit mehr Dörfern und ihrem Bananen-, Ananas- und Reisanbau. Dien Bien Phu selber ist eine Stadt, die wegen siegreichen Schlachten gegen Frankreich 1954 Bekanntheit erlangt hatte. Für uns ist es zudem die Grenzstadt, von welcher wir nach einem Pausentag nach 36km auf einem Pass nach Laos einreisen möchten.
Insgesamt fühlten wir uns nach Sa Pa, dem St. Moritz von Nordvietnam, auf einsamen, sehr abgelegenen Wegen. Wir bewegten uns durch einfache Dörfer, die teils aus Holzverschlägen bestanden, teils aus guten, zweckmässigen ca. 2m hochgestellten Holzhäusern. Hier beobachten die trägen Büffel noch die Hunde, Schweine und das allgegenwärtige Federvieh wie sie am Strassenrand um die Wette. Die lachenden winkenden Kinder sind noch gewohnt sich in der Natur zu bewegen. Die Trachten, welche wir auf den Märkten kennengelernt und in Sa Pa etwas zur Schau gestellt empfunden hatten, werden hier noch natürlich im Alltag getragen und variieren von Dorf zu Dorf. Die Menschen leben vom Angebauten und von der Haltung von Hühnern, Schweinen, Büffeln, Hunden und Katzen. Landwirtschaft ist noch Handarbeit sei das beim Pflügen mit dem eingespannten Wasserbüffel, beim Pflegen des Reises, Ernten von Bananen und Ananas. Am Strassenrand finden sich kleine «Krämerläden», Essbuden und mal eine Motorradreparaturwerkstadt. Wir sehen Frauen am Nähen und Sticken in Hauseingängen oder Rindenstücke auf der Strasse zum Trocken auslegen. Klar zückt auch hier immer mal wieder jemand ein Mobiltelefon denn Mobilnetzwerk ist und flächendeckend und gratis WiFi an allen Restaurants und Unterkünften vorhanden.
Modernisierung und Erschliessung der Region schreitet fort und ihr Motor scheint uns die Wasserkraft zu sein. Für den Bau der grossen Wasserkraftanlagen wurden Strassen gebaut und Dörfer umgesiedelt. Mit ihnen fliessen Geld und neue Gedanken in die Gegend.